Mein Australien
Mein Australien - Teil 4

Romantik oder: Frühling in Alice Springs

Er ist kurz, der Frühling.

Eine, wenn es hoch kommt zwei, und in einem besonders guten Jahr sind es sogar drei Wochen.

Es war ein gutes Jahr.
Das bisschen Regen und die letzte sehr gute Regenzeit ließen Büsche und Blumen über Nacht sprießen und blühen: gelb, weiß, violett, blau - Farbkleckse hin getupft auf grün und braun. Diese Klekse riefen tatsächlich Frühlingsgefühle in mir wach.
Wie es denn so ist mit Herzenswünschen: das Universum tut das seinige dazu, dass sie in Erfüllung gehen.

So hatte ich mir schon bei meinem letzten Aufenthalt in Darwin einen Job gewünscht, der mich ein wenig Geld sparen lassen würde: whoofing, arbeiten für freie Unterkunft und Verpflegung und nicht steuerpflichtig.

Dieser Wunsch sollte nun in Alice Springs in Erfüllung gehen. Man muss dem Universum nur ein wenig Zeit geben, alles in die richtigen Bahnen zu lenken!

So fand ich mich als Gärtnerin im Haus von …... wieder, die für mich innerhalb weniger Tage nicht nur "meine Familie" sondern auch Freunde wurden. Jedenfalls hatte ich nicht das Gefühl mit meinen Arbeitgebern zusammen zu leben während ich draußen das Gras auszupfte, ausgrub und, mitunter heftig fluchend, über die Zähigkeit dieser einfachen Pflanze philosophierte.

Einfaches Gras hat mich vieles gelehrt.

Wie soll ich diese drei Wochen beschreiben?

Es war eine Zeit des absoluten Wohlbefindens, ein Gefühl des 'Zuhause Seins' und Frühling. Der Duft des blühenden Jasmins und des Frangipangi, der "Flaschenbürstenbaum" trägt Rot statt des üblichen Grüns, wärmer werdende Nächte (und Tage) und das alljährliche "Henley-on-Todd".

Der Todd River teilt Alice in etwas zwei gleichgroße Teile und ist ca. 48 Wochen im Jahr völlig trocken.

Wieder einmal war ich fasziniert von der grenzenlose Phantasie des Menschen, die es mit Liebe zum Detail schaffte auf dem sandigen Flussbett eine Regatta entstehen zu lassen. Das Paddeln entspricht dem "Sand schaufeln", und die Boote werden eben getragen. Jesus hätte angesichts so vieler 'Nachfolger' wahrscheinlich an seiner Bestimmung gezweifelt!

Es gibt Schilder an den Bäumen mit "DON'T FEED THE FISH" und "WATCH OUT FOR SEAGULLS", zwei Angler, die ihre Ruten unermüdlich auswerfen, eine Seeschlacht, die anstatt mit Kanonen mit Wasserschläuchen und Mehlbomben geführt wurde - alles in allem ein Anlass, der gefeiert werden muss! Und ich behaupte sogar, dass dieser trunkene Zustand der meisten Wasserfreunde dem ursprünglichen sehr nahe kam, in dem die Regatta geboren wurde, was allerdings nichts an ihrer Originalität ändert!

Wie viele Mitglieder mag wohl der Segelclub von Alice Springs haben, den es tatsächlich gibt???

Die Sonntagmorgen verbrachte ich mit Kolibri und Xenia, der 14 Monate alten süßen Prinzessin, auf dem wöchentlichen Markt in der Fußgängerzone von Alice, wo Kolibri ihr selbst gebackenes Brot nach deutschem Rezept verkauft. Eine echte Marktlücke und ein wahrer Genuss, sowohl das Brot als auch das Zusammensein mit Kolibri und Xenia!

Während ich also so vor mich hingärtnerte lernte ich Possum kennen, bzw. Possum lernte mich kennen. Ein Nachbar und Bekannter, seines Zeichens tour guide und zu jener Zeit im Krankenstand. Mit ihm entdeckte ich - ruhige Plätzchen in den East Macs (East Mac Donnell Ranges. Ich kann mich dieser australischen Liebe für Abkürzungen nicht entziehen, vor allem wenn sie einen Sinn ergeben, und ich finde den kreativen Umgang damit einfach großartig :o)
- in den West Macs Schluchten und Wasserlöcher, in denen man schwimmen kann (KALT KALT KALT!) und den Gipfel von Mount Gillen, der quasi vor der Haustür liegt und definitiv nicht überlaufen ist. Ob das wohl an dem steilen Anstieg liegt?

Possum durfte irgendwann wieder an die Arbeit, und so kam es, dass ich neben der blonden Xenia ab und zu noch ein anderes Baby sitten durfte, kohlrabenschwarz, 24 kg schwer und stark wie ein Ochse. Wie man allerdings auf die Idee kommen kann eine Rottweiler-Hündin dieser Ausmaße "Minnie" zu nennen, wird mir weiterhin (k)ein Rätsel bleiben...

Insgesamt ist Alice Springs also eine Städtchen, in dem es sich durchaus leben lässt. Doch gilt das nicht für alle Städte, Orte und Plätze, an denen Menschen wohnen mit denen man sich wohl fühlt?)

Köln hat gewaltig Konkurrenz bekommen, und eine weitere Marktlücke habe ich auch schon entdeckt...

In diesem Sinne - in Gedanken schon auswandernd und doch mit dem Herzen bei Euch!

LIEBSTE GRÜSSE, UTE

P.S. Und wer war nochmal gleich Mitchell? Das ist Ibis Blue Heeler, der jeden liebt, der das berühmte Hundespiel "Wo ist der Ball?" mit ihm spielt...


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